Samstag, 28. Juli 2012

Ueda

Ueda ist japanisch und bedeutet "die tiefe, gegenseitige Verbeugung". Sie bedeutet jedoch weitaus mehr im japanischen Begrüßungszeremoniell als der Ausdruck von bloßer Höflichkeit.

Es geht darum, sich selbst vor dem anderen zu einem "Nichts" zu machen. Beide zeigen damit ihre Bereitschaft, in eine Tiefe zu steigen, in der es weder Ich noch Du gibt. Es geht um das Verstehen des ursprünglichen "Nichts", in dem und aus dem heraus sich erst die Möglichkeit der Dualität der Begegnung ergibt. Erst dann, sich wieder aufrichtend, aus dem Nichts entstehend, wenden sich die beiden Gesprächspartner als Ich und Du einander zu, aber in einer Weise, die zugleich "weder Ich noch Du" ist.

Zwischen dem Selbst und dem anderen ereignete sich etwas Neues, das nicht auf den einen oder den anderen Gesprächspartner und auch nicht auf beide zusammen zurückgeführt werden kann. In der japanischen Begrüßung tritt man nicht unmittelbar in eine Ich-Du-Beziehung ein, sondern versenkt sich zuerst in ein Zwischen, um dann im Einander-Gegenüber aufzuerstehen. Es ist die Atmosphäre, die uns sprechen lässt. Es ist das uns verbindende Thema, das uns in Erscheinung treten lässt, als Ich selbst und Du selbst. Damit kann das Gespräch zu einer "Be-gegnung" werden. Oder es führt zu einer "Aus-einander-setzung", zu einer thematischen Differenzierung.


Quellen:
- Jürg Willi (2007): Die Kunst gemeinsamen Wachsens - Ko-Evolution in Partnerschaft, Familie und Kultur. 1. Auflage.Verlagsort: Freiburg im Breisgau. HERDER Verlag. S.216-217

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen